GESCHICHTE(N)
UM BURG UND FESTUNG SPARENBERG - 2
(bearbeitet von Udo
Majewski)
Obrist
Rabe (Raban) Hermann von Cloedt (1616-1696) -
wohl Zeitgenosse des "Simplicius Simplicissimus"
Als
die protestantischen Adligen - Angehörige
der Böhmischen Brüder - in Prag
die Gesandten des katholischen Kaisers aus
einem Fenster des Hradschin in den Schlosshof
stürzten (Prager Fenstersturz) und
damit den 30jährigen Krieg auslösten,
war Hermann Rabe von Cloedt gerade einmal
2 Jahre alt. Dass
er kein beschauliches Leben verbringen würde,
war nicht allein durch dieses Ereignis vorgezeichnet.
So
erzählt das >>XVIII. Stück
Historie der Kirchspiele im Amt Hamm, Kirchspiel
Marck 1) << auf den Seiten
895/896 etwas über die Herkunft besagten
Hermann Rabe. Seine Altforderen entstammen
dem westfälischen Uradel und waren
bereits 1230 Ritter und Erbburggrafen, seit
1321 belehnt mit dem Burglehen zur Marck,
östlich von Hamm. In den folgenden
Generationen weiteten sie ihre Besitzansprüche
auf umliegende Ländereien erfolgreich
aus. Rabe Hermanns Vater >>Westhoff
v. Cloet, churpfälzischer Hauptmann,
Droste und Geheimer Rath war mit Friderica
Bawir zu Rumilian und Franckenberg<<
verheiratet. Sie gebar ihm mindestens acht
Kinder, von denen das sechste Rabe Hermann
war.
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Was
aber, wenn man in der Erbfolge einer Familie
erst an sechster Stelle steht? Nun, der
Weg eines Adeligen war damals im Prinzip
festgelegt: Schon die Tradition verpflichtete
zum Kriegshandwerk, zum Dienst an Reich,
Territorium und seinen jeweiligen Repräsentanten.
Erwartungsgemäß
findet sich die nächste Nachricht über
ihn auch in der Tat im Militärischen:
>>Churbrandenburgischer Obrister und
Commandant zu Lippstadt 2) <<.
Als Zeitgenosse hat er in Lippstadt vermutlich
mit dem Jäger von Soest' zu tun
gehabt. In seinem bekannten Roman >>Der
abenteuerliche Simplicius Simplicissimus<<
verarbeitete der Autor H. J. Chr. von Grimmelshausen
die schrecklichen Ereignisse des 30jährigen
Krieges, die er sicherlich aus eigener Anschauung
und Erleben zur Genüge gekannt und
erlitten hatte. Jedenfalls beschreibt v.
Grimmelhausen ein Lippstädter Erlebnis
3), wie er auch mehrfach im Text
auf diese Stadt hinweist.
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Und
da >>Simplicius Simplicissimus<<
auf katholischer, also "kaiserischer"
Seite für längere Zeit als der
berühmte 'Jäger von Soest' die
Region rund um Soest bis Lippstadt, Dorsten
und Werl unsicher machte, scheint v. Grimmelshausen
mit der Region gut vertraut gewesen zu sein,
dass sich vermuten lässt, dass beide
einander gekannt haben könnten.
Leider
hinterließ Rabe Hermann von Cloedt
in Lippstadt keine namhaft verwertbaren
Spuren, die in einem Lippstädter Archiv
hätten aufgefunden werden können.
Es ist überhaupt schwierig mit ihm:
Obwohl Rabe Hermann von Cloedt das biblische
Alter von 80 Jahren erreichte, was für
die gefährlichen Zeiten des 30jährigen
Krieges (>>Verschwendung, Fressen,
Saufen, Huren und Buben 4) <<
waren an der Tagesordnung) unglaublich klingen
mag, ist es äußerst mühsam,
irgend etwas über ihn in Erfahrung
zu bringen. Und so finden wir ihn als nächstes
als 'Obrister' (heute wäre er ein Oberstleutnant)
auf Burg und Festung Sparenberg bei Bielefeld
wieder.
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In
der Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz,
Berlin, gibt es nur einen einzigen kurzen
Hinweis auf ihn:
>>Rabe
Herrmann von Cloet, Churbrandenburgischer
Obrister, und Chef eines Batallions zu Fuß.
Also wird er in zuverläßigen
Listen der Churbrandenburgischen Armee,
vom Jahre 1692, aufgeführet.<<
Mit dieser dürren Nachricht müssen
wir uns begnügen, wenn wir im >>Biografisches
Lexikon aller Helden und Militairpersonen,
welche sich in Preußischen Diensten
berühmt gemacht haben, von Anton Balthasar
König 5) << nach ihm suchen.
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Und
wie erklärt sich der Familiennamen
Cloedt?
Vermutlich
stammt das Geschlecht aus der Soester Börde,
dem "Klotingen". In der Folgezeit
hat es sich weit verbreitet. Namensträger
der 'von Cloedt' finden sich z.B. auch in
Kirchenbüchern des estnischen Baltikums.
Und überall, wo der Name in Schreibweisen
wie >Cloedt, Clooth, Kloth, Clot, Cloth,
Clodh, Cloid, Cloidh, Cloydh, Cloet und
Cloedt - adelig wie bürgerlich<
auftaucht, begegnen wir diesem Geschlecht
des westfälischen Uradels. Anfangs
war der Name wohl eher ein "Spitzname"
6), dem die Angehörigen dieses
Stammes in viele Generationen lang aber
tatkräftig zu Geltung, Ansehen und
Achtung verhalfen.
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Quellennachweis:
1),
2) in "Westphälische Geschichte, Lemgo
1750/55, von Johann Diederich von Steinen"
3) in Simplicius Simplicissimus, von H.J. Chr
von Grimmelshausen, Zweites Buch, Neunundzwanzigstes
Kapitel, Dr.-Riederer-Verlag, Stuttgart
4) ebd. Zweites Buch, Zwanzigstes Kapitel
5) Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz,
Berlin
6) Geschichte der Westphälischen Geschlechter,
A. Fahne v. Roland, Cöln 1858
Ein Autograph des ersten Weihbischofs von Fulda
..., Dr. B. Kirschbaum, in Hohenlimburger
Heimatblätter, 2007
Illustrationen von Karl Eckle, entnommen aus >>H.
J. Chr. V. Grimmelshausen "Der abenteuerlich
Simplicius
Simplicissimus<<, Dr. Rieder-Verlag, Stuttgart
1950
Bielefeld,
11.06.2007
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